Familie Kuna in Frankreich

Clermont-Ferrand

Ralf und Claudia Kuna haben im Herzen Frankreichs die Studentenmission Foyer Évangélique Universitaire (FEU) in Clerment-Ferrand mitgegründet.

Ein Interview mit Ralf:

Wie seid ihr in die Mission gekommen? Klingt ja nicht gerade nach dem normalen Berufsweg für einen Physiker und eine Chemieingenieurin?

Ich habe mich zu Beginn meines Studiums 1980 in Wuppertal für Jesus entschieden. Damals hatte ich eine zehnjährige „Drogenkarriere“ hinter mir. Wahrscheinlich hab ich mich deshalb so darüber gefreut, wie Jesus mein Leben umgestaltet hat. Ich war neugierig und wollte mehr über Gott und die Bibel wissen – und allen von Jesus erzählen. Am liebsten wäre ich direkt Missionar geworden. Doch mir war klar, dass ich zuerst mein Studium beenden sollte.

Wie waren deine ersten Jahre als Christ?

Eine wichtige Zeit. Damals half ich ehrenamtlich in einer christlichen Straffälligenhilfe und einer Studentenarbeit mit und habe dabei enorm viel gelernt. 1985 ist mir Chemiestudentin Claudia begegnet, und 1987 haben wir geheiratet. Von nun an wollten wir gemeinsam in die Mission. Bis zum Abschluss meiner Doktorarbeit haben wir uns weiter in die Studentenarbeit in Wuppertal eingebracht. Anschließend ging es zur theologischen Ausbildung, und dann haben wir uns bei der DMG beworben …

Weshalb arbeitet ihr im „christlichen“ Frankreich?

Nun, der Begriff „christlich“ meint ja meist die Kultur eines Landes, nicht ob die Menschen bewusst mit Jesus leben. In der „Grande Nation“ sind das leider gerade mal ein Prozent von 66 Millionen Franzosen. Anfangs waren wir skeptisch, ob Frankreich wirklich richtig war, denn wir kannten die geistliche Not nicht. Inzwischen sind wir uns sicher über unsere Berufung.

Was unterscheidet Frankreich von Deutschland?

Das Verhältnis der Menschen zu Religion. Besonders die Laizität, die Trennung von Staat und Kirche. In Deutschland gewährt der Staat der Kirche einen gewissen Schutz. Die meisten Franzosen dagegen denken, dass der Staat sich vor dem Einfluss der Kirche schützen muss. Die Behörden halten sich konsequent aus allem Religiösen heraus. Bei einer Umfrage in Grenoble meinte sogar eine Mehrheit, dass es verboten sei, öffentlich über Glauben zu reden – was glücklicherweise nicht stimmt! Es gibt an staatlichen Schulen keinen Religionsunterricht. Wird über Religion gesprochen, dann meist negativ.

Was sind die Folgen?

Es erschüttert uns immer wieder, wie wenig die Leute – sogar Studenten – über den christlichen Glauben wissen. Bei unseren Umfragen sagen Muslime oft mehr Richtiges über die Bibel als vermeintlich „christlich“ erzogene Franzosen. Letztere haben Vorbehalte gegen die Religionen, besonders gegen uns Christen, was durch die Medien noch geschürt wird – ähnlich wie in Deutschland, doch extremer. Trotzdem sind die evangelischen Freikirchen in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen, besonders in Großstädten. In vielen kleineren Städten gibt es so gut wie keine wiedergeborenen Christen.

Ist es euch schwergefallen, als Familie nach Frankreich auszuwandern?

Es klingt vielleicht seltsam; aber wir kamen an den Ort, wo Gott uns haben wollte. Deshalb ist es uns erstaunlich leichtgefallen, uns in die Kultur einzuleben. Unsere beiden Kinder, Pierre (16) und Samuel (14), sind in Grenoble zur Welt gekommen. Während unseres Heimatdienstes gingen sie zweimal ein Jahr in Deutschland zur Schule. Beide fanden die deutschen Schulen angenehmer, die Lehrer netter und die Atmosphäre in den Klassen freundlicher. Aber das sind Momentaufnahmen. In Frankreich legt man mehr Wert aufs Lernen, in Deutschland aufs Verstehen. In der Lebensqualität gibt es keine großen Unterschiede. Auffallend ist das Wertesystem: Obwohl Franzosen ähnlich verdienen wie Deutsche, sind ihre Autos meist kleiner; dafür geben sie mehr Geld für gutes Essen aus. Franzosen sind freundlich, wir hatten immer gute Kontakte zu Nachbarn und konnten auch schon Bibelgrundkurse mit ihnen durchführen.

Was tut ein Missionar sonst in Frankreich?

Hauptsächlich arbeiten wir in der Studentenmission, dem FEU (Foyer Évangélique Universitaire). Wir wollen Studenten mit Jesus bekanntmachen. Und wir helfen Christen an der Uni, ihren Glauben besser zu verstehen, auszuleben (Jüngerschaft) und sich verbindlich in eine örtliche ev. Gemeinde einzubringen. So evangelisieren wir viel, betreuen kleine Bibelgruppen und arbeiten eng mit den Gemeinden in unserer Stadt zusammen, damit Studenten ein geistliches Zuhause finden.

Hauskreis

Ihr seid vor zwei Jahren nach Clermont- Ferrand umgezogen …

Ja, unser neues Zuhause liegt im Zentralmassiv. Die Stadt hat 140.000 Einwohner und ist bekannt für die vielen erloschenen Vulkane im näheren Umfeld. Was mich besonders freut: Es ist die Heimat des großen Physikers Blaise Pascal (1623–1662).

Wie kam es, dass euch eine Gemeinde dort eingeladen hat?

In Clermont-Ferrand gab es Studenten, die unser FEU in Grenoble kannten und begeistert davon erzählten. Deshalb hat sich die Leitung unserer jetzigen Gemeinde an uns gewandt, ob wir auch bei ihnen eine FEU-Studentenarbeit beginnen könnten. Die Gemeinde hatte knapp 60 Mitglieder und war stark überaltert, konnte also die Arbeit nicht selbst beginnen. Wir haben viel gebetet, ob das unser Weg ist, und Gott hat es bestätigt. Zwei ehemalige Studenten aus dem FEU in Grenoble sind mit uns nach Clermont- Ferrand gezogen.

Gab es schon eine Studentenarbeit in der Stadt?

Für die 36.000 Studenten in Clermont- Ferrand gab es nur eine einzige christliche Studentengruppe mit circa 15 Personen, viel zu wenig! Also gründeten wir unser FEU, und erfreulicherweise sind beide Gruppen seither gewachsen. Die Zusammenarbeit macht Freude, zweimal im Jahr veranstalten wir gemeinsame Aktionen und treffen uns öfter zum Gebet.

Was genau tut ihr im FEU?

Wir veranstalten Bibelentdeckergruppen, bieten Jüngerschaftskurse an sowie geistliche und seelsorgerliche Einzelbetreuung von Studenten. Da sie viele Fragen stellen, behandeln wir je nach Bedarf auch apologetische Themen, bei denen es um die Erklärung der christlichen Botschaft geht. Wir setzen uns offensiv mit Zeitströmungen auseinander, beispielsweise Gender-Mainstreaming. Wir veranstalten Schulungstage, Freizeiten, offene Abende, Konzerte – und Events zu Erntedank, Weihnachten und Ostern. Dazu gehören auch Planungstreffen, Organisation und das Gestalten von Einladungen und Plakaten. Wir könnten problemlos mehr Mitarbeiter einsetzen. Im Grunde schaffen wir nie alles, was wir machen möchten. Christliche Studenten aus Deutschland können gerne zum Kurzeinsatz, Praktikum oder einem Auslandssemester kommen und uns helfen.

Wie reagieren Studenten auf die Botschaft von Jesus? Sind sie nicht hochgradig skeptisch?

Manche sind interessiert am Glauben. Eine von zehn Personen, mit denen wir länger ins Gespräch kommen, besucht unsere Veranstaltungen. Oft bringen sie noch Bekannte mit. In den vergangenen Jahren hat es völlig ausgereicht, wenn wir zu Semesterbeginn eingeladen haben. Schnell waren unsere Gruppen und Räume randvoll, und die Zahl der Mitarbeiter ist begrenzt.

Euer schönstes Erlebnis in 16 Jahren Frankreich?

Natürlich sind das die Studenten, die Jesus annehmen. Ein junger Mann kam schon länger zu unseren Abenden und fühlte sich wohl. Er nahm an einer Bibelentdeckergruppe teil, doch was immer ich sagte, er war dagegen! Das war schwierig. Ich musste ihm immer wieder neu das Evangelium erklären. Er hielt alles für unlogisch. Nach Abschluss seines Studiums zog er fort. Sechs Monate später tauchte er freudestrahlend wieder im FEU auf. Ich sah sofort, dass etwas geschehen war. Ohne Zögern sagte er, dass er Jesus ins Leben aufgenommen hat. Er war in seinem neuen Wohnort auf Christen gestoßen – das gab den entscheidenden Anstoß. Ob das möglich gewesen wäre, ohne die Zeit, die wir im FEU in ihn investiert haben?

Was wünscht ihr euch für Clermont-Ferrand?

Wir wollen die Studentenarbeit vergrößern, aber uns fehlen Mitarbeiter – und unsere Räume sind begrenzt. Wir treffen uns in der WG von Kollegen und nutzen die Schlafzimmer mit für Bibelgruppen. Auf Dauer suchen wir neue Räume, die wir mieten oder kaufen können.

Nun sind ja weder die Studenten, noch die Gemeinden vor Ort in der Lage, eure Arbeit zu finanzieren. Wer bezahlt euer Gehalt?

Wir leben von Geld aus Deutschland, das für uns an die DMG gespendet wird, nur ein kleiner Teil unserer Unterstützung kommt aus Frankreich. In 16 Jahren Missionsarbeit haben die Spenden für uns nur selten die Ausgaben gedeckt, materiell gesehen sind wir also ein Verlustgeschäft für die DMG. Anderseits beten und vertrauen wir, dass Gott uns über weitere Spender künftig besser versorgt, sodass wir die gesegnete Studentenarbeit noch viele Jahre tun können und Menschen Jesus begegnen.

Aus: DMG-informiert Nr. 2/2015

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